Die Anwesenheit der Abwesenheit der Anwesenheit Gabi Czöppan
Die ersten Jahre der Professionalität VIII, Galerie der Künstler München (1989)
Der Inhalt der Bilder ließe sich deutlich zergliedern, die Darstellung wirkungsvoll umgrenzen, doch bliebe man bei diesem Verfahren gebannt von einer Vorstellungsmethodik über Kunst, deren Formeln schon ziemlich abgenützt sind. Die Bazon-Brock-Ideen, „die Qualität des Neuen hauptsächlich in der Neubeurteilung alter Kunst zu sehen“ verflachen oft zu einem beliebigen Spiel mit Formen und Ideen, die in dieser Szene gesehen und gelernt worden sind.
Es kann heute, an der Schwelle zu den 90er Jahren, nicht nur darum gehen, den Zugriff auf vorhandene Kunstformen zu rechtfertigen. Im Brennpunkt des künstlerischen Interesses steht nicht mehr die Schaffung von originalen Formen, sondern die Auslotung ihrer Beziehungsfelder innerhalb eines systematisierten Koordinationsnetzes.
Bei Michael Lukas liegt der Reiz seiner Malerei gerade in der Handhabung ihrer Mittel. Er malt keine Schaubilder, sondern untersucht das Verhältnis zu den Dingen, die er als Bruchstücke für seine Darstellungen heranzieht. Seine Arbeiten, die sich selbst in einer Malertradition bewegen, reichen daher besonders nahe an das Verständnis von heutiger Wirklichkeit heran. Seine scheinbar disparaten Verfahrenstechniken im Kontext eines fortdauernden Dialoges der Elemente fordern eine Synthese, deren Mannigfaltigkeit sich in der Energie eines Gedankens verfängt. Es bleibt der Virtuosität des Betrachters überlassen, inwieweit er Ursprünge und Wesenskonstanten der einzelnen Elemente zu orten versteht.
Anders als in früheren Arbeiten, in denen Lukas die Bildoberflächen gestischer mit Farb- und Formschichte überdeckte, erzeugen seine aneinanderstoßenden Farbfelder jetzt räumlichere Bezüge. Die Bildteile sind klar voneinander getrennt, ihr Terrain abgegrenzt. Frei kombiniert, stellen diese „Polyptychons“ offene Systeme dar, deren Struktur sich in der gegenseitigen Abhängigkeit der Bestandteile offenbart. Einzelne hermetische Momente flammen darin auf, die einen Ausschnitt der Realität in sich bergen, aber nur in Beziehung zueinander gesetzt einen einheitlichen Klang erzeugen. Es sind Flashbilder, die wie im Film hart aneinandergeschnitten sind, sich aber entgegen unserer Wahrnehmungsgewohnheiten nicht zur sinnstiftenden Einheit einer Filmschleife fügen.
Durch inverse Darstellung verlieren Zitate und Formenvokabular jeglichen Halt, ihr Bedeutungsgehalt ist in ständiger Auflösung. Transparente, lasierende Schichten weiten Motive zu schwebenden Zeichen, die sich im leeren Raum verlieren. Lukas setzt Marken, von deren Standpunkten aus der Blickwinkel sprunghaft wechselt. An einem systematisierenden Feld arbeitend, lässt Lukas sich hierbei durchaus von Impulsen leiten. Die Bilder sind keine Reihe oder Serie nach einem strengen Konzept. Mehrere Bildteile entstehen gleichzeitig, Bezüge und Motive ergeben sich während des Arbeitens. Die Arbeitsweise ist aktionistisch und kontrolliert zugleich. Wie in der Musik, sind es die Simultaneität verschiedener Tonfolgen und die Gleichzeitigkeit der vor Augen geführten Bilder, die bei der Wahrnehmung den Eindruck von Ambiguität erzeugen.